Diese
Woche hatte ich die Gelegenheit, bei der alljährlichen Ayutha
Pooja Zeremonie in unserer Fabrik in Indien dabei zu sein.
Natürlich liegen solche Feiertage in der Regenzeit und die meisten
Veranstaltungen finden im Freien statt. Was ist ein Ayutha Pooja
eigentlich? Pooja ist eine Zeremonie im Hinduismus, die bei den
verschiedensten Gelegenheiten zelebriert wird. Normalerweise
täglich zweimal im Familienkreis. Die Ayutha Pooja ist eine
spezielle Form, die einmal im Jahr gefeiert wird und bei der
sämtliche Arbeitsgeräte und Werkzeueg gesegnet werden. Wie
das ganze von Statten geht, versuche ich euch hier zu zeigen.
Vor dem Festtag wird alles geputzt (nach indischem Standard) und
überall werden Bananstauden, Blätter und sonstige
Verzierungen angebracht. Selbstverständlich werden auch die
Manadalas an allen Eingängen aufgemalt. Die ganzen Leute legen ihr
Sonntagshäs an und selbstverständlich wird der Pooja Tag mit
allen Mitarbeitern und deren Familie gefeiert.
Am Eingang steht erst mal das Begrüssungskommittee, bei dem man
sich den gelben Punkt auf die Stirn malen kann, Blumen in die Haare
stecken kann (das machen dann eher die Frauen und Kinder) und
natürlich ein wenig Kandiszucker Essen kann. Der Punkt auf der
Stirn soll die Menschen erinnern, dass der Körper nur geliehen ist
und später eh wieder an die Götter zurückgeht, die
Blumen sind rein zum Schmuck da und der Kandiszucker soll die Worte
versüssen. Nach dem das alles erledigt ist, gehts zum
Registrieren, immerhin ist Indien das bürokratischste Land in dem
ich je gewesen bin.
Bevor es aber mit irgendwelchen Pooja Zeremonien losgeht, ist erst
einmal Familientag angesagt. Erst gibts lustige Spiele für die
Erwachsenen, zum Beispiel das blinde Fussballspielen oder das Ball in
den Eimer werfen. Natürlich gibts kleine Preise und es ist ein
Riesenspass für alle.
Spass hatten alle, nicht nur die Spieleteilnehmer.
Zwischendurch gibts dann Gesangseinlagen. Hare Krishna (ja, das ist
sein echter Name) hat zum Beispiel ein Lied auf Sanskrit gesungen, sehr
traditionell und sehr fremd für meine Ohren. Aber kein Vergleich
zu Peking Oper. Auch der Gesangsnachwuchs hat ungeniert sein bestes
gegeben.
Während draussen die Spiele stattfinden werden drinnen die Pooja
Altäre vorbereitet. Der Hauptalter wird dieses Jahr im CNC
Workshop aufgebaut und die beiden Hindupriester sind fleissig am
arbeiten. In den anderen Abteilungen werden kleiner Altäre
aufgebaut, dort finden dann später auch kleinere Zeremonien statt.
Welches Team präsentiert den schönsten Rohkostteller? Wie man
mit den stumpfen Messern überhaupt Gemüse schneide kann ist
mir ein Rätsel, aber es sind trotzdem kleine Kunstwerke entstanden.
Jetzt noch schnell die grosse Rede vom Chef, natürlich simultan in
Tamil übersetzt, dann kanns auch endlich mit dem Essen losgehen,
soviel Spiele machen hungrig. Die Kantine hat ein Festmahl zubereitet:
Kartoffelchips, Bhryiany, Khorma, Banane, Zwiebeljoghurt und
Honigreisball, serviert auf dem Bananenblatt. Lecker! Mit so
Kleinigkeiten wie Besteck gibt man sich in Südindien nicht ab, da
wird traditionell mit der Hand gegessen. Mit der Rechten, ja nicht
verwechseln.
So, jetzt wirds aber langsam Zeit für das Pooja, oder?
Natürlich nicht, erst gibts die Kinderbelustigung. Alles wieder
raus aus der Kantine und rüber zu den Kinderspielen. Der Eierlauf
sieht hier ein wenig anders aus, anstelle von Eiern gibts Limetten, die
haben den Vorteil dass sie nicht so schnell zerbrechen.
Ein anderes Spiel ist das Wasserflaschen füllen. In der Regenzeit
bei etwas über 30°C eigentlich ein lustiges Spiel. Mehr Wasser
als man braucht.....
Bei den ganzen Spielen und Organisieren wird man ganz schön
müde, blos gut wenn man seine Mama dabei hat und ein
Schläfchen machen kann.
Aber jetzt gehts endlich los. Angefangen wird mit den Nebenaltären
in den einzelnen Abteilungen. Neben den normalen Opfergaben wie Reis,
Kokosnüsse, Bananen und Melonen werden auch die verwendeten
Werkzeuge, Spannvorrichtungen, Hubwagen und Endprodukte um den Altar
angerichtet. Alles wir mit Turmeric und Sandelholzpaste gezeichnet und
dann werden die Räucherstäbchen angezündet. Eine Glocke
wird geläutet um die Aufmerksamkeit der Götter zu bekommen
und dann gehts mit der Feuerschale durch die Abteilung um alles zu
segnen.
Nach ein paar Minuten war alles vorüber. Kein Gesang, kein Mantra,
nur Räucherstäbchen, Glocke, Feuerschale durch die Abteilung
und fertig. Da gehts bei der grossen Zeremonie ganz anders zu.
Die Priester haben eine Ganeshfigur als Hauptgott in die Mitte
gestellt und unseren Geschäftsführer - der einzige nicht
Inder in der Fabrik - mit Blumen behängt und mit roter Farbe auf
der Stirn bemalt. Er ist ein wichtiger Mann bei der Zeremonie, da ohne
seine positive Einstellung die gesamte Pooja nicht möglich ist.
Die Gemeinde ist nicht so konzentriert wie zum Beispiel in einem
katholischen Gottesdienst. Kinder springen durch die Gegend, man
hält ein Schwätzchen mit den Kollegen, verschiedene
Lebensmittel werden mit rituellen Handbewegungen auf den Altar geworfen
und überhaupt scheint alles ein wenig unkonventionell um nicht zu
sagen chaotisch zu sein.
Die Priester singen Mandras, immer und immer wieder die gleichen
Mandras. Ab und zu steht einer der Priester auf und legt eine Opfergabe
auf den Altar. Nach etwa einer Stunde hat mir ein Kollege erklärt,
dass es jetzt interessant wird. Das Feuerritual wird ausgeführt.
In einer Messingschale wird Butter angezöndet und nach und
nach werden 108 Bläten eines speziellen Baumes zugegeben.
Anschliessend wird die Feuerschale durch das Volk getragen und jeder
fährt mit der Hand durch die Falmme und streicht dann über
Stirn und Gesicht. Wie mir erklärt wurde ist das Göttliche in
dem Feuer anwesend.
Und dann ist alles vorbei. Die Priester fangen an einzupacken und die
leute bringen Wassermelonen zum Altar, zünden kleine
Esbitwürfel darauf an und gehen damit - ja, wohin gehen die
eigentlich? Ich bin einer Melone bis zu den Gabelstaplern gefolgt. Dort
werden die Melonen auf den Boden geworfen und mit roter Farbe bestreut.
Dabei symbolisiert die Meolone das Böse (fragt mich nicht warum
eine Melone), die Flammen symbolisieren das Göttliche und durch
das zerschmettern der Melone wird das Böse ausgemertzt. Die rote
Farbe soll Blut darstellen.
Dass die Zeremonie eine Aufgabe des Geschäftsführers ist, hat
Dave nicht gewusst. Aber er hat sich tapfer geschlagen und ganz
bestimmt ein Bier verdient.
Im Januar bin ich wieder in Indien, ob es da wieder eine Zeremonie gibt ist aber wie immer eine andere Geschichte.........
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Fort St. Martin...
....in Chennai ist alt, english und trotzdem einen Besuch wert....
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